Atemschutzseminar in Korntal, Kindergarten gibt’s heute nicht

Vergangenes Wochenende fand in Korntal bei Stuttgart ein zweitägiges Atemschutzseminar statt. Bei vielen unterschiedlichen Stationen hat man eine Menge Praxiserfahrung bekommen und ist auch an seine körperlichen Grenzen gekommen.

Klein aber oho, der gasbefeuerte Container hatte es in sich

Klein aber oho, der gasbefeuerte Container hatte es in sich

Kindergarten, das schoss mir als erstes durch den Kopf als ich am vergangenen Sonntag vor dem kleinen gasbefeuerten Container in Korntal stand. War ja schließlich schon oft genug drin und bin auch eher ein Fan von holzbefeuerten Anlagen. Also mit meinem Truppführer zusammen entspannt die Türe geöffnet, die brennende Treppe abgelöscht und dann gings nach unten um mit der Brandbekämpfung zu beginnen. Dann gings auch schon los, vor uns Feuer, hinter uns, über uns, links von uns und das Ganze wieder von vorne. Nach gefühlten zehn Minuten dachte ich , oh weh,  langsam komme ich echt an meine Grenzen. Der Container ist zwar klein aber das ständige rumhantieren mit dem Schlauch mit Stellungswechsel, die Hitze und der Wasserdampf machen echt mürbe. War ich dann froh als es endlich wieder nach draußen ging und ich mich setzen konnte. Dann gabs erstmal Feedback vom Ausbilder und zur zweiten Runde noch mal rein in den Container. Hat dann schon besser geklappt aber nach dem Durchgang war ich dann echt bedient. Kompliment an die Crew vom Container die es geschafft hat, mich mit dem Ding so zum Schwitzen zu bringen. Bisher waren meine Durchgänge in solchen Übungsanlagen eher nett als anstrengend.

Klettverschluss anschmoren

Einfache Methode um ein Schlauchpaket zusammen zu binden: Ein angeschmorter Klettverschluss

Einfache Methode um ein Schlauchpaket zusammen zu binden: Ein angeschmorter Klettverschluss

Nächste Station war das Schlauchpaket und auch hier zeigt sich wieder mal, egal wie alt, egal was man bisher an Ausbildung gemacht hat man kann immer dazu lernen. Ich fand beispielsweise die Bebänderung vom Schlauchpaket eine prima Idee. Einfach Klettbänder als Meterware im Feuerwehrhaus deponieren und bei Bedarf die passende Länge abschneiden. Um die Dinger dann am Schlauchpaket auch schnell aufzubekommen werden die Enden mit einem Feuerzeug angeschmort. So hat man eine Fläche die man gut greifen kann und  die auch nicht mehr zusammen klettet. Kostengünstig und einfach herzustellen, was will man mehr.

Brandverläufe in der Realität

Brandausbreitung über mehrere Stockwerke am anschaulichen Modell

Brandausbreitung über mehrere Stockwerke am anschaulichen Modell

Am Nachmittag standen dann zwei weitere lehrreiche Stationen an, Brandlehre und Brandbekämpfung mit Schaum. Ehrlich gesagt, sind das Standardsachen, aber Hand aufs Herz, wie viele von Euch hatten mit diesen Themen schon Mal in der Praxis zu tun? Brandlehre war in meiner Grundausbildung eine Folie auf dem Tageslichtprojektor. Zum Verbrennungsdreieck gehören Temperatur, Brennstoff, Sauerstoff und das richtige Mischungsverhältnis, das wars. Wie komplex Brände sein können bekommt man hier in Deutschland aber erst die letzten Jahre so richtig mit. Dank neuer Fachbücher und YouTube die Brandverläufe prima zeigen. Severin und Adrian vom Team atemschutzunfaelle.eu haben den Teilnehmern dann erst Mal gezeigt wie dynamisch und komplex verschiedene Brandverläufe in der Realität sind. An zwei Modellen die in Brand gesteckt wurden hat man einmal die Entwicklung eines Zimmerbrandes verfolgen können und die Brandausbreitung in einem mehrstöckigen Gebäude. Durch Änderung der Luftöffnungen konnte dann prima gezeigt werden welche Auswirkungen es hat wenn zu viel oder Zuwenig Sauerstoff ins Gebäude kommt oder was beispielsweise passiert wenn man mit einem Strahlrohr von außen durchs Fenster spritzt. Dann nämlich schießt durch den Wasserdampf eine Feuerwalze durchs Gebäude. Lob an die Beiden, die haben das sehr anschaulich rübergebracht und Vielen ist wohl jetzt erst bewußt geworden was ein Zimmerbrand alles für Facetten haben kann.

Brandverlauf in einem Zimmer: Entstehungsbrand > Durchzündung > Vollbrand (Wenn Ihr auf das Bild klickt könnt Ihr es vergrößern)

Brandverlauf in einem Zimmer: Entstehungsbrand > Durchzündung > Vollbrand (Wenn Ihr auf das Bild klickt könnt Ihr es vergrößern)

Heute schon geschäumt?

Brandbekämpfung in Miniatur: Flüssigkeitsbrandbekämpfung mit einem Schwerschaumrohr

Brandbekämpfung in Miniatur: Flüssigkeitsbrandbekämpfung mit einem Schwerschaumrohr

Wie viele von Euch haben schon mal Schaum während einer Übung eingesetzt? Diese Frage stellte Christian Fischer an der nächsten Station. Zögerlich gingen ein paar Finger nach oben. Das Höchste der Erfahrung war dann allerdings auch nur ne kleine Benzinwanne mit dem Mittelschaumrohr bekämpfen. Umso spannender war es, als man mal am lebenden Objekt die verschiedenen Schaumarten gezeigt hat. Alles zwar in Miniaturansicht, aber die Effekte sind genau die gleichen. Und so hat man mal gesehen wie sich die drei Schaumarten leicht, mittel und schwer im Vergleich verhalten, wie man überhaupt ein Schwerschaumrohr einsetzten muss um einen Löscherfolg zu erzielen und welche Abbrandrate Schaum hat. Sicherlich das eine oder andere hat man schon mal in der Theorie gehört, wenn man es aber am lebenden Objekt sieht ist das schon ganz was anderes.

Mayday, Maday, Maday

Die Schleifkorbtrage als Hilftsmittel beim Atemschutznotfall

Die Schleifkorbtrage als Hilftsmittel beim Atemschutznotfall

Zum Schluss habe ich dann noch den Ausbildern von atemschutzunfaelle.eu beim Atemschutz Notfalltreining über die Schulter geschaut. Die Lagen waren natürlich nicht ohne und zeigen wiedermal wie schnell man an die Grenzen kommt. Beispiel gefällig? Schulgebäude mit mehreren Treppen die über ein Treppenpodest gehen. Eindringtiefe mit Schlauch zwischen 50 und 80 Meter. Masken komplett abgedeckt (Nullsicht) und bei der Hälfte der verbrauchten Luft ein Atemschutzunfall. Ich brauch Euch ja nicht zu erzählen wie es bei den Einsätzen zuging. Hat übrigens nichts mit den Teilnehmern zu tun sondern mit der Lage. Einfach mal selbst ausprobieren und ihr werdet sehen, dass Orientierungs- und Kommunikationsprobleme Euer größter Feind sein werden.

Was nehme ich nach diesem Tag alles mit:

  • Nehmt jede Ausbildung mit die ihr kriegen könnt, es ist immer was dabei wo ihr dazu lernen könnt.
  • Praktische Ausbildung kann man mit einfachen Mitteln an jedem Standort machen! 90% der Stationen sind ohne besondere Hilfsmittel möglich, daher gibt’s keinen Grund so was nicht zu trainieren.
  • Ich war von den Teilnehmern positiv überrascht. Klar sind bei so einer Veranstaltung oftmals die besonders Motivierten dabei, aber die Leute hatten einen guten Wissensstand und waren alle sehr interessiert und engagiert. Spricht für die Ausbildung in dieser Region von Baden-Württemberg.

Danke an dieser Stelle auch an Hansi Stellmacher für die Einladung zur Feuerwehr Korntal, den Ausbildern der örtlichen Feuerwehren und dem Team von atemschutzunfaelle.eu. War eine tolle Veranstaltung bei der ich sehr viele interessante Eindrücke mitnehmen konnte.

Forumstreffen

Besichtigung einer Biogasanlage mit den Jungs von feuerwehr.de

Besichtigung einer Biogasanlage mit den Jungs von feuerwehr.de

Am Tag davor war übrigens in Korntal das Forumstreffen von feuerwehr.de. War interessant mal die Leute kennen zu lernen mit denen man sonst nur  online diskutiert. Hier gabs natürlich auch ein Programm. Ein Blick Hinter die Kulissen vom Daimler Benz Museum mit einem künstlichen Tornado als Entrauchungsmöglichkeit. Anschließend ein Besuch der Daimler Werkfeuerwehr mit diversen Sonderfahrzeugen. Als Abschluss dann noch ein Abstecher zu einer Biogasanlage mit anschließendem Vortrag zum Vorgehen aus Feuerwehrsicht. Danke an dieser Stelle auch an die Organisatoren Jürgen Mayer (Gründer von feuerwehr.de) und Markus Weber (Moderator).

Wie ist Eure Meinung zu solchen Veranstaltungen. Sollte dies anstatt der üblichen Festivitäten viel öfters gemacht werden?

>>Zur Bildergalerie vom Atemschutzseminar.

6 Kommentare zu Atemschutzseminar in Korntal, Kindergarten gibt’s heute nicht

  1. Auf jeden Fall sollte man so was machen, wenn ich mir die Bilder so anschaue werde ich richtig neidisch auf die Kameraden die da mitmachen durften.
    So stelle ich mir ein gelungenes und vor allem sinnvolles Wochenende für Feuerwehrmitglieder vor.
    Praktische Übungen geben meiner Meinung nach immer einen langanhaltenden Motivationsschub von dem alle profitieren werden.
    Ich könnte mir auch vorstellen das man solche Übungen wie z.B. die in der Schule vielleicht zur Öffentlichkeitsarbeit nutzen könnte in dem man bei jedem Durchgang kleine Besuchergruppe zuschauen lässt.
    Gruß Peter

  2. Hallo zusammen,

    zum Thema Schlauchpaket mit endlos Klettband kann ich nur sagen, das wir das auch ausprobiert haben. Funktioniert soweit ganz gut, jedoch haben wir noch eine bessere Lösung gefunden. Das Schlauchpaket einfach mit Kreppband umwickeln statt Klettband. Das kann man nicht verlegen, da günstiges Verschleißmaterial. Genau wie das Klettband muss man das Kreppband vor dem Befüllen des Pakets auch nicht entfernen, da es einfach aufplatzt.

    Gruß

  3. Hi,

    im Vorfeld: ich war dabei 😉
    Peter: da wären aber die Übungen bei der Brandbekämpfung (die im Freien) besser, weil actionreicher. In Korntal waren auch immer wieder Eltern mit ihren Kindern dabei und haben zugeschaut.
    Die Übungen bzgl. Atemschutznotfall (im Schulgebäude) waren zwar auch sehr Interessant und Lehrreich, aber für einen Außenstehenden nicht interessant und vlt sogar eher abschrecken (“Hmmm, die brauchen schon so lange, um ihren eigenen Mann rauszuholen. Wie lang soll dass erst dauern, wenn die nen anderen raushollen sollen?”)

    Nils: Kreppband hat dabei aber den Nachteil, dass es nicht mehr aufreißt wenn man mal zuviel ums Schlauchpaket wickelt (selbst ausprobiert).

    Grüße

  4. @ Christian:
    Da magst Du recht haben. Das sind bei mir die Augen eines Feuerwehrmannes die so was gerne sehen und mitmachen wollen, manchmal vergisst man halt das Zivilisten das wohl mit anderen Augen sehen. 🙂

    Gruß

  5. Servus,

    leider war ich bei diesem Seminar nicht dabei.

    Wenn ich mir das so durchlese hört sich das mehr als interessant an.
    Ich hoffe, wir können an unsererm Standort im Rahmen einer “Samstagsausbildung” was ähnliches aufziehen.
    Übungsabende sind in meinen Augen angenehm und unterhaltsam, aber wirklich lernen würde ich eher was an einem Samstag oder Sonntag.

    Deshalb halte ich so ein Seminar für sehr hilf- und lehrreich.

  6. Hallo beisammen,

    als Mitorganisator möchte ich gerne ein paar Gedanken zu den Angesprochenen Punkten erläutern:

    @ Nils:
    Klettband vs. Malerkrepp wurde schwer Diskutiert ;o). Je nach Akzeptanz eines SP innerhalb der Feuerwehr könnte dasaber ein Nebenproblem sein ;o). Ich war auch eher pro Krepp, jedoch war ein Gegenargument weniger die Anzahl der Umwicklungenals vielmehr das altern des Klettbandes, und das aufbrechen beim Transport. Konsens bestand in einem Punkt: wenn das SP verwendet wird, is oft der Klett dann weg (gerade im Einsatz) –> Kosten, auch centbeträge weden Euros……daher das Endlosband….

    @ Peter:
    Wir hatten eine ähnliche Veranstaltung ein Jahr zuvor in einer Nachbarstadt begleitet, und konnten so etwas Erfahrungen sammeln:
    http://www.atemschutzunfaelle.eu/referenzen/2011/veranstaltungen.html#leon2011
    Hier war eine der Aufgabenstellungen ganz explizit: die Stationen so zu gestalten, dass die Bevölkerung zuschauen konnte.
    Dazu muss aber das Gelände geeignet sein, und du musst die Stationen schneller wechseln, dass dauernd was “läuft”. Das heisst, kleinere Gruppen, häufiger Wechsel…..
    Das hat in Leonberg gepasst, war eine Erfahrung, aber unsere Zielsetzung in Korntal war dennoch eine etwas andere: lieber uns auf die Gruppen konzentrieren und auch die Zeit haben, ins Gespräch zu kommen. Schliesslich wollten wir ja Tipps und Tricks in die Fläche geben….
    zum Vergleich: in Leonberg fand quasi nur das Modul 1 Brandbekämpfung statt, mit ca 48 Teilnehmern an 2 Tagen. Das haben wir in Korntal an einem Tag an diesem Modul gehabt

    Und wie Christian erläutert hat, haben die Jungs an den Stationen das Umgesetzt was wir angedacht hatte ( gerade an der DLA): wir wollen nicht unbedingt die Bevölkerung aufm Hof, aber interessierte werden nicht “hinauskomplimentiert”, sondern sofern eben Zeit ist, wird erklärt….

    @ Christian:
    Den Aspekt mit dem uninteressant bzw abschreckend hab ich so gar ned betrachtet, aber interessanter Aspekt ….

    Grüsse
    Hansi

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