Wenns brennt sollte man von der Feuerwehr einen routinierten und zügigen Einsatzablauf erwarten. Die Realität sieht aber häufig anders aus, weil die Lage falsch eingeschätzt wird und Erfahrungswerte fehlen.
Wenn ich so an die Anfänge als Feuerwehrler zurück denke, so hat man viel Theorie gelernt, viel Praxis gemacht, aber dennoch wenig Ahnung von der Realität gehabt. Zwar hat sich das mit der Realbrandausbildung schon etwas gebessert, trotzdem ist es aber so, dass man größere Brände in unseren Gefilden erst im realen Einsatz begegnet. Und da spektakuläre Brände auch nicht jeden Tag vorkommen, ist es die ersten Jahre schwierig, ein richtiges Gefühl für größere Brände zu entwickeln. Ich rede jetzt nicht von irgendwelchen Großfeuern wo es mehr oder weniger egal ist ob das Ding brennt oder nicht. Vielmehr gehts mir um Brandeinsätze wie Zimmer- und Wohnungsbrände, wo es Ziel sein sollte, eine Ausbreitung zu verhindern.
Jetzt ist das Problem, dass man ohne Erfahrung einen solchen Brand recht schlecht einschätzen kann. Man kommt an, die Flammen schlagen aus dem Fenster und dann soll alles ganz schnell gehen. Und dieses “ganz schnell” ist meines Erachtens ein großer Fehler. Oft geht das nämlich zu Lasten der Sicherheit und des überlegten Handelns. Da schreit der Gruppenführer einen Einsatzbefehl um möglichst schnell irgendwas zu machen und die Mannschaft gibt Vollgas um sofort loszulegen. Da nimmt man es halt mit der Erkundung als Führungskraft nicht mehr ganz so genau, die Brandschutzhaube sitzt nicht richtig, ne Jeans als Einsatzhose tuts zur Not auch und die Atemschutzüberwachung muss jetzt halt mal hinten anstehen.
Klar, es gibt immer Einsätze wo es schwer ist, einen kühlen Kopf zu bewahren, aber bei einem Standardbrand sollte routiniertes Handeln schon eher die Regel als die Ausnahme sein. Die Frage ist jetzt halt, wie bereitet man sich auf so etwas vor? Zwei Dinge sind hier aus meiner Sicht, neben einer guten Ausbildung, wichtig. Zum einen muss man, besonders als Gruppenführer, eine zeitliche Bezugsgröße haben, wie lange bestimmte Abläufe dauern. Zum anderen muss man die Lage und die voraussichtliche Lageänderung richtig einschätzen können.
Die zeitliche Bezugsgröße: Wie lange dauert eigentlich etwas?
Gute Arbeit braucht Zeit. Als Führungskraft ist es hilfreich bei Übungen einfach mal auf die Uhr zu schauen um ein Gefühl zu bekommen wie lange gewissen Abläufe dauern. Wenn man so was noch nicht gemacht hat, kann man auch einfach mal die Zeiten vom Leistungsabzeichen nehmen. Und siehe da, für einen kompletten Löschgruppenaufbau brauche ich nun halt mal meine drei bis fünf Minuten. Da kann ich mich als Gruppenführer auf den Kopf stellen oder die Mannschaft anschreien, ändern wird es aber nichts. Eher erreicht man das krasse Gegenteil. Die Mannschaft wird nervös und durch den Druck des hysterischen Gruppenführers wird zu Lasten der Sicherheit alles besonders schnell gemacht. Oder ein weiteres Beispiel: Um aus dem Stand heraus einen fertig ausgerüsteten Atemschutztrupp vor der Nase zu haben, dauert es 2 – 3 Minuten, wenn der Trupp fit ist wohlgemerkt. Es bringt also nix nach einer Minuten nach dem Trupp zu blöken, wenn es nun halt einfach mal nicht schneller geht.
Die Lage einschätzen
Ein weiteres Problem: Die Entwicklung der Lage richtig einschätzen. Wenn die Flammen aus dem Zimmer schlagen schaut das schon spektakulär aus, aber wie schnell entwickelt sich denn nun das Feuer weiter? Hier hilft es, wenn man sich zurücklehnt und einfach mal beobachtet, wie sich so ein Feuer ausbreitet. Da man diese Muße selten an der Einsatzstelle hat, kann man sich mit Videos behelfen. Schaut Euch einfach mal die folgenden Einsatzfilme an. Seht in welchen Zeitraum sich die Lage verändert und nutzt dieses Erfahrung um zukünftige Brände besser einschätzen zu können.
[youtube]kK6OR-0jKX0[/youtube]
[youtube]6A9v2qA9yYo[/youtube]
[youtube]PEmpHFUDCoA[/youtube]
[youtube]5RjNvFdlnkA[/youtube]
[youtube]DQnK6NNCNV[/youtube]
[youtube]UWDiuyZgBXs[/youtube]
[youtube]lkDvXIbGeQ8[/youtube]
[youtube]dKKJzzDn0iQ[/youtube]
Zügig aber nicht kopflos
Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Mir geht es nicht um eine “Leck mich am Arsch” Einstellung. Mir ist es nur wichtig, dass wir Feuerwehrleute unsere Standardaufgaben routiniert und zügig abarbeiten. Wenn man sich die Videos ansieht, erkennt man, dass sich die Lage des Feuers über viele Minuten kaum ändert. Hier hilft es also wenig, wenn man zu Lasten der Sicherheit Sekunden spart, die bei den meisten Einsatzlagen aber überhaupt nicht ins Gewicht fallen. Denn ob das offene Feuer nun drei Minuten länger oder kürzer brennt, ist bezogen auf die Brandausbreitung, oftmals egal.