Brennende Windkraftanlage: Feuer nicht gelöscht, sondern "ausgeklebt"
Bildquelle: Feuerwehr Leopoldshöhe
Regenerative Energien sind sinnvoll und notwendig, allerdings stellen sie auch die Feuerwehren vor neue Herausforderungen. So wird immer wieder über das Vorgehen bei Windkrafträdern und in Photovoltaikanlagen diskutiert. Die Feuerwehr Leopoldshöhe hatte vor ein paar Tagen einen Brand an einem Windkraftrad und ihn auf recht unkonventionellem Wege gelöscht.
Immer wieder liest man von brennenden Windkrafträdern bei denen unser Handlungsspielraum stark eingeschränkt ist. Oft wird der Bereich großräumig abgesperrt und das Thema ist für die Feuerwehr erledigt. Warum das so ist? Nun, zum einen mal geht es um die Höhe der Windkrafträder. Die Rotorblätter sind an der sogenannten Gondel angebracht. Diese befindet sich in bis zu 150 Meter Höhe. Mit einer gängigen Drehleiter oder einem Gelenkmast kann man hier erstmal wenig ausrichten. Hinzu kommt, dass häufig die Gondel selbst brennt da hier viele elektrische Teile und auch Öle und Fette als Brennmaterial vorhanden sind. Kommt es dort zu einem Feuer besteht die Gefahr dass die angebrachten Rotorblätter und weitere Teile in die Tiefe stürzen. Dreht sich das Windrad noch, nimmt das Risiko durch die Fliehkraft noch zu. Empfohlen wird daher eine Sperrzone von 500 Metern um das Windkraftrad. Bei stärkerem Wind ist in Windrichtung eine erweiterte Absperrung bis 1.000 Meter zu ziehen.
Aufgrund der Vielzahl an Windkrafträdern hat der Deutsche Feuerwehrverband daher 2008 eine Empfehlung für das Vorgehen bei Windkraftanlagen herausgegeben. Hier wird auch explizit die Option “Kontrolliertes Abbrennen” genannt, was ja auch bei vielen Einsätze von den Einsatzkräften mangels an Alternativen so umgesetzt wird. Lediglich bei Bränden im unteren Turmbereich wird ein Löscheinsatz empfohlen. Und genau einen solchen Einsatz hatte die Feuerwehr Leopoldshöhe. Bei Eintreffen an der Einsatzstelle brannte es in ca. 35 Meter Höhe im Turm einer örtlichen Windkraftanlage. Frank Kogelnik der mit der Feuerwehr Leopoldshöhe vor Ort war, hat mir netterweise einige Fragen zu diesem Einsatz erläutert.
Hallo Frank, hattet Ihr schon mal ein Feuer in einer Windkraftanlage?
Nein, das war unser erster Brand in einem Windkraftrad.
Welche Optionen habt Ihr Euch bei dem Einsatz überlegt?
Zuerst sind wir die Standardmöglichkeiten durchgegangen:
Kontrolliertes Abbrennen: Hier haben wir uns die Frage gestellt wie man von einem kontrollierten Abbrennen sprechen kann, wenn man den Brand nicht sieht? Da in unserem Falle die Leistungskabel der Anlage auf einer Höhe von rund 35 Metern und einer Länge von zirka 20 Metern brannten, bestand die Gefahr, dass das Feuer sich noch weiter nach Oben ausbreitete. Durch die Brandausbreitung wäre dann auch die Gondel in Gefahr gewesen die ca. 500 bis 600 Liter Betriebsstoffe (Öle und Fette) enthält. Somit konnte kontrolliertes Abbrennen nicht die Lösung sein.
Außenangriff zur Kühlung des Turm: Da sich die Brandstelle im Flanschbereich zweier Turmsegmente befand drohte der Turm durch die Hitze zu kollabieren. Turm kühlen aber wie? Mit einer normalen Drehleiter hat man keine Chance. Der Teleskopmast einer Nachbarfeuerwehr wäre zwar auf 30 m Arbeitshöhe plus circa 15 bis 20 Meter Wurfhöhe des Wassers gekommen, jedoch hätte der Teleskopmast direkt am Turm positioniert werden müssen. Hier war und das Risiko zu groß, dass im schlimmsten Falle der Turm auf den Teleskopmast fällt.
Innenangriff: Ein Innenangriff war zu gefährlich, da während der gesamten Brandzeit brennende Teile herunterfielen und die Festigkeiten der Materialien im Innern nicht eingeschätzt werden konnten. Des weiteren wären Langzeitpressluftatmer erforderlich gewesen, da die Einsatzstelle in 35 Meter Höhe nur über eine Leiter im Turminnern erreicht werden konnte. Der Atemluftvorrat mit üblichen Geräten wäre sehr schnell verbraucht gewesen.
Nachdem die Standardmöglichkeiten erschöpft waren, habt Ihr Euch für einen recht unkonventionellen Weg entschieden
Das ist richtig. Da die zuvor genannten Lösungsmöglichkeiten nicht in Frage kamen wurde über die Lüftungsschlitze in der Turmtür nachgedacht. Hier wurde eine Sogwirkung festgestellt. Daraufhin wurde schnell klar, hier wird dem Feuer frischer Sauerstoff zugeführt. Versuchen wir also den Brand zu ersticken, indem wir die Lüftungen in der Tür und die Tür selber dicht setzen.
Wie habt ihr es dann geschafft den Turm luftdicht zu bekommen?
Der Turm wurde im Bereich der Tür, 10cm überlappend über das Türblatt, absolut dicht mit einer dicken Folie und Klebeband abgeklebt. Weiterhin musste im sogenannten Übergabehäuschen ein Leerrohr dicht gemacht werden, damit von dort nicht noch Sauerstoff in den Turm gezogen werden konnte.
Und dadurch habt ihr das Feuer gelöscht?
Ja, nach Abschluss der Maßnahme haben wir permanent den Turm mittels Wärmebildkamera von Außen beobachtet. Nach gut anderthalb Stunden war die Temperatur der Außenhülle von weit über 150°C auf knapp unter 50°C gefallen. Daraufhin entschlossen wir uns die Tür zu öffnen und nachzuschauen wie es im Innern des Turmes aussieht. Nach der Türöffnung konnte noch eine leichte Verqualmung festgestellt werden, sowie Temperaturen um die 100°C im Turminnern. Nach einer Überdruckbelüftung ging ein Trupp (nach Rücksprache mit dem Betreiber) unter PA zur Brandstelle vor. Der Trupp konnte kurze Zeit später Feuer aus melden.
Vielen Dank für das Interview.
Bei diesem Einsatz sieht man wie mit Kreativität und Ideenreichtum ein der Einsatz erfolgreich gemeistert wurde. Wie sieht es bei Euch aus. Hattet Ihr schon mal einen Brandeinsatz an einer Windenergieanlage und wie seid Ihr in diesem Fall vorgegangen?
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