FEUERWEHRLEBEN

Der Notfallsanitäter kommt – was ändert sich jetzt in der deutschen Notfallrettung?

Am heutigen Tag haben Bundestag und Bundesrat ein Gesetz verabschiedet, das den Rettungsdienst in Deutschland maßgeblich verändern wird. Ab 2014 erhalten die Retter-Kollegen ein neues Berufsbild: Den Notfallsanitäter.  Feuerwehrleben. de hatte bereits hier über den Erstentwurf berichtet.

Was ändert sich nun für die Mitarbeiter im Rettungsdienst?

Zunächst einmal wurde die Ausbildung deutlich verändert. Sie dauert nun drei, anstatt wie vorher zwei Jahre und ist als Blockunterricht gegliedert – also Berufsschule, Krankenhaus und Rettungswache im Wechsel und wird dann auch vergütet. Bisher musste die Ausbildung meist aus eigener Tasche bezahlt werden. Die Kosten der Ausbildung sollen nun größtenteils die Krankenkassen tragen, da eine bessere Notfallrettung auch die darauf folgenden, meist erheblich höheren, Krankenhauskosten senkt.

Warum ist der Notfallsanitäter wichtig?

Die Änderungen wurden nötig, da das 1989 verabschiedete Rettungsassistentengesetz mittlerweile in die Jahre gekommen ist. Viele Kompetenzen in der Notfallrettung waren dort nur sehr schwammig formuliert und bildeten oft eine rechtliche Grauzone. Diese wurden jetzt, teilweise gegen den Widerstand von Ärzteverbänden, genau geregelt und gehen über die bisherigen Anforderungen an Rettungsdienstpersonal weit hinaus, um den Herausforderungen einer zeitgemäßen Patientenversorgung gewachsen zu sein.
Im Rettungsdienst wurden 2008/2009 bundesweit jährlich rund 14,2 Millionen Einsätze durchgeführt, davon über 8,9 Millionen ohne Notarzt. An einem mittleren Werktag gehen deutschlandweit rund 35.000 rettungsdienstliche Notrufe in den Rettungsleitstellen ein. Das sind  16,7% mehr als noch 2004/2005. Zusammen mit einem Notarztmangel, vor allem im ländlichen Gebiet, sowie Neuerungen in der Notfallmedizin bedeutet dies gesteigerte Anforderungen an Rettungskräfte. Daher ist auch die längere Ausbildungszeit nötig geworden.

Wie lauten die neuen Zugangsvoraussetzungen?

Die Zugangsvoraussetzungen zur Berufsausbildung wurden an diese Anforderungen angepasst. Zukünftig ist  mindestens ein mittlerer Schulabschluss oder ein Hauptschulabschluss mit mindestens zweijähriger Berufsausbildung nötig. Die Altersgrenze für die Ausbildung hingegen wurde aufgehoben. Das soll unter anderem verhindern, dass Praktikanten ausschließlich als Fahrer eingesetzt werden, sobald sie 18 Jahre alt sind und einen Führerschein besitzen. Die Berufsbezeichnung hat sich ebenfalls geändert, da die meisten Menschen mit dem Begriff Rettungsassistent bis heute nichts anfangen können. Der Notfallsanitäter, so erhofft man sich, soll, so wie der Notarzt, besser bekannt werden. Genauso wie beim Rettungsassistenten wurde auch das Tragen der Berufsbezeichnung ohne Erlaubnis unter Strafe gestellt und zählt als Ordnungswidrigkeit.

Was passiert mit den jetzigen Rettungsassistenten?

Geregelt wurde auch die Übernahme für Rettungsassistenten. Anders als 1989, als jeder Rettungssanitäter, der 1600 Stunden an Schichten nachweisen konnte, automatisch Rettungsassistent wurde, besteht jetzt kein automatischer Namenswechsel. Jeder Rettungsassistent bleibt also weiterhin Rettungsassistent, es ändert sich an seinen Kompetenzen nichts.
Allerdings besteht für jeden Rettungsassistent die Möglichkeit, bis 2021 eine staatliche Ergänzungsprüfung ab zu legen, um zum Notfallsanitäter aufzusteigen. Die Zulassung zur Prüfung ist abhängig von der Berufserfahrung. Wer weniger als drei Jahre Rettungsassistent ist, benötigt 960 Stunden Fortbildung, bei 3-5 Jahren Berufserfahrung sind 480 Stunden vorgesehen, ab 5 Jahren Berufserfahrung muss nur die staatliche Ergänzungsprüfung abgelegt werden.

Fazit

In meinen Augen ist das Gesetz längst überfällig gewesen. Es regelt endlich die Aufgaben am Einsatzort und sichert den Notfallsanitäter rechtlich ab. Bisher musste man in seltenen Fällen, wenn der Notarzt nicht verfügbar war, oft abwägen, eine Straftat zu begehen, um dem Patienten leitliniengerecht zu versorgen oder keine erweiterte Maßnahmen zu ergreifen und eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung zu riskieren.
Sehr gut finde ich es auch, dass auf eine automatische Übernahme alter Assistenten als Notfallsanitäter verzichtet wurde. Man verlernt viel, wenn man aus der Schule draußen ist und leider sind Fortbildungspflichten in Deutschland nicht einheitlich geregelt – manche Landesrettungsdienstgesetzte sehen sie nicht einmal vor. Der Wissensunterschied der Rettungsassistenten kann oft unterschiedlicher nicht sein. Hier besteht von Seiten der Länder Nachholbedarf, um in Zukunft eine einheitliche, qualitativ hochwertige, Patientenversorgung zu gewährleisten.

Lediglich die Finanzierung steht in meinen Augen noch auf tönernen Füßen. Hier hätte etwas detaillierter gearbeitet werden sollen. Auch eine Einbeziehung des Notfallsanitäters in das Heilpraktikergesetz wäre schön gewesen, geht aber vielen sicherlich zu weit. Ich sehe die Gesetzesänderung als Chance, die die Rettungsdienstkollegen ergreifen sollten, um auch in Zukunft im internationalen Vergleich hochwertige Arbeit zu leisten. Dafür gehe auch ich selbst gerne noch einmal 2-3 Monate in die Schule und danach zu Fortbildungen.

Über den Autor

Johann Bauer ist 1986 geboren und seit über vier Jahren im Münchener Rettungsdienst tätig. Er ist Ausbilder für Erste Hilfe, sowie AMLS und PHTLS-Provider (international anerkannte Rettungsdienstfortbildungen). Momentan belegt er den Ingenieursstudiengang Gefahrenabwehr (Hazard Control) in Hamburg.

 

Quellen:
-Mitteilung des Bundestages
-Deutscher Berufsverband Rettungsdienst (DBRD)
– Leistungen des Rettungsdienstes, Bundesanstalt für Straßenwesen vom 13.05.2011

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