FEUERWEHRLEBEN

Einsatzstellenorganisation: Führt Ihr schon oder wurschtelt Ihr noch rum?

Bei anspruchsvollen Einsätzen ist es wichtig, möglichst frühzeitig eine Führungsstruktur an der Einsatzstelle aufzubauen. Gerade bei Freiwilligen Feuerwehren ist das aber schwierig, weil nicht immer sofort die notwendigen Kräfte und Führungsfahrzeuge zur Verfügung stehen. Hier ein paar Lösungsvorschläge wie es trotzdem klappen kann.

Berufsfeuerwehren haben bei der Einsatzstellenorganisation durch ihre festen Positionen einen großen Vorteil

Papier ist geduldig und viele Konzepte werden oftmals als zu theoretisch abgetan. Beispiel gefällig? Unser FwDV 100 die fein säuberlich beschreibt wie Führung im Einsatz funktionieren sollte. Doch gerade bei Freiwilligen Feuerwehren siehts an der Einsatzstelle oftmals anders aus. Nehmen wir mal, an Horst Hansen ist Kommandant der örtlichen Feuerwehr mit vier Fahrzeugen. Wenn sein Melder geht und er am Feuerwehrhaus ist, gibt’s für Horst nur einen Platz. Der ist auf dem ersten LF rechts vorne. Flink streift er sich die gelbe Einsatzleiterweste über und ist an der Einsatzstelle ein Gru-Zu-Einsatzleiter. Also die Verschmelzung von Gruppenführer, Zugführer und gleichzeitig Einsatzleiter. „Respekt Horst” kann man da nur sagen. Dort wo Berufsfeuerwehren 2x gehobenen Dienst und einmal mittleren Dienst rumspringen lassen, dort wo sich die Autoren der FwDV 100 den Luxus eine Führungsstaffel leisten, da schafft es Horst ganz alleine.

Die Freiwilligen Feuerwehren haben es nicht einfach

Nun muss man ehrlicherweise sagen, dass es bei einer Freiwilligen Feuerwehr am Anfang des Einsatzes gar nicht so einfach ist, eine saubere Führungsstruktur aufzubauen. Zum einen weil die Einsatzkräfte nicht immer an der Einsatzstelle aufschlagen wie man sie gerade benötigt, zum anderen weil auch nicht immer ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Große Berufsfeuerwehren haben hier einen Vorteil: Schon in der Nicht-Einsatz-Phase steht die komplette Einsatzstellenorganisation. Von der Mannschaft über die Gruppen- und Zugführern bis hin zu den Verbandsführern und Einsatzleitern. Im Einsatzfall muss die Organisation lediglich mit bereits festgelegten Fahrzeugen an die Einsatzstelle verfrachtet werden.

Bei kritischen Einsatzlagen ist es kaum möglich mehrere Führungsebenen in einer Person zu vereinen

Warum brauch man das überhaupt?

Aber auch wenn es bei Freiwilligen Feuerwehren schwierig ist, mit genügend Disziplin schafft man es, zügig notwendige Führungsstrukturen aufzubauen. Bevor wir die uns aber anschauen noch ein paar Worte warum das so wichtig ist: Steht die Scheune in Flammen oder kommt Oma Müller nicht mehr vom Gassi gehen mit Ihrem Hund im Altenheim an, klappt das mit der Einsatzstellenorganisation meist ganz gut. Warum? Einerseits steht genügend Zeit zur Verfügung um die Führungsstruktur aufzubauen, andererseits kann man ohne Risiko im Bereitstellungsraum noch die Positionen tauschen wie man es braucht. Da werden halt schnell neue Suchtrupps gebildet und hin und her geschoben bis es passt. Bei kritischen Einsätzen hat man diese Zeit aber nicht und ehrlich gesagt auch keinen Kopf nebenbei noch an der Organisation rumzubasteln. Blöderweise sind es aber genau diese brenzligen Einsätze wo die Gefahren sehr hoch sind und ich früh die Aufgaben verteilten muss. Ansonsten fliegt einem der Einsatz um die Ohren. Wenn der Keller im Mehrfamilienhaus brennt, die Leute auf den Balkonen und an den Fenstern stehen, die ersten schon durchs Treppenhaus kommen, dann schafft man es halt als Gru-Zu-Einsatzleiter einfach nicht mehr, das alles sinnvoll abzuarbeiten. Atemschutzüberwachung, Erkundung, Bereitstellungsraum, nachrückende Kräfte, der Angriffstrupp brauch Brechwerkzeug, Nachforderung weiterer Kräfte, der Notarzt möchte wissen wo die Verletztensammelstelle ist, etc.

Um von Anfang an eine Führungsstruktur in der Freiwilligen Feuerwehr aufzubauen gibt es aus meiner Sicht drei Möglichkeiten.

Möglichkeit 1: Die Luxuslösung

Falls Ihr zu einer Freiwilligen Feuerwehr gehört die genügend KdoW oder MZF/MTW hat, Gratulation, dann können die Zugführer bzw. Abschnittsleiter brav selbst an die Einsatzstellen gondeln. Dies dürfte allerding bei vielen Feuerwehren die Ausnahme sein.

Möglichkeit 2: Die Sixpack-Lösung

Eine weitere Möglichkeit: Man packt alle Feuerwehrgurus die höher als ein Gruppenführer sind zu sechst in ein Mehrzweckfahrzeug und fährt damit an die Einsatzstelle. Problem hierbei: Die Führungskräfte kommen erst sehr spät an der Einsatzstelle an und gerade in der heißen Erstphase kann ich keine Führungsstrukturen aufbauen.

Möglichkeit 3: Die “Alle dabei” Lösung

Dies ist mein favorisierter Weg und funktioniert recht einfach, wenn alle nur etwas Disziplin walten lassen. Das wichtigste ist hier: Jeder nimmt die Führungsebene war, für die er auch ausgebildet ist. Es macht also wenig Sinn wenn der Zugführer vorne rechts im HLF Platz nimmt und die Gruppenführer sich brav hinten reinsetzen. An der Einsatzstelle verbrate ich dann den Zugführer auf Gruppenführerebene und die ausgebildeten Gruppenführer springen als Truppführer irgendwo rum. Für die Ebenen ab Gruppenführer aufwärts fehlt mir dann auch noch das notwendige Führungspersonal. Spontane Lösung in vielen Feuerwehren: Die Gruppenführer mit Zugführerqualifikation nehmen eine gefährliche Zwitterrolle als Gruppen-/Zugführer ein. Die haben dann weiterhin ihre Gruppe an der Backe und müssen sich nebenbei noch um einen Abschnitt kümmern.

Aus dem Grund sollte der Herr Zugführer ruhig den jungen motivierten Gruppenführer rechts vorne sitzen lassen. Der Zugführer setzt sich in den Mannschaftsraum und schwupp, an der Einsatzstelle habe ich eine richtige Führungsstruktur ohne zusätzliche Fahrzeuge oder Organisationsaufwand. Vor Ort steigt der Gruppenführer mit dem Zugführer aus und schon habe ich eine saubere Struktur. Der Gruppenführer bleibt von Anfang bis Ende bei seiner Gruppe und der Zugführer kann in Ruhe seinen Job machen, ohne dass jemand fehlt oder die große Rumorganisiererei anfängt. Kommt das nächste HLF auch wieder mit Gruppenführer und Zugführer, “Bingo”, dann habe ich als Einsatzleiter sogar noch eine Führungsperson in der Hinterhand. Der macht entweder Abschnittsleiter oder leistet als Führungsassistent wertvolle Hilfe. Das kann ich dann solange durchspielen bis meine komplette Einsatzstellenorganisation steht.

Die Ausrüstung nicht vergessen

Um das System noch zu verbessern, macht es Sinn wenn auf dem Erstangriffsfahrzeug auch eine Box mit Führungsutensilien verstaut ist. Darin kann dann Schreibmaterial, Kennzeichnungswesten und 2-Meter Funkgeräte enthalten sein. Aus der bedient man sich dann wenn noch kein Führungsfahrzeug vor Ort ist.

Eigentlich alles ganz einfach, wenn sich jeder an die Führungsebenen hält und der Platz vorne rechts nicht als Profilierungsmittel sondern als stinknormaler Platz in einer Führungsorganisation angesehen wird. Ich bin mir sicher, dass mit der “Alle dabei” Lösung brenzlige Einsätze viel strukturierter und besser ablaufen, als wenn man anfängt während des Einsatzes die Führungspositionen durchzutauschen oder versucht Aufgaben von verschiedenen Ebenen in einer Person zu vereinen.

Und nun zu Euch? Wie ist Deine Erfahrung mit der Führungsstruktur an der Einsatzstelle, klappt es da?

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