FEUERWEHRLEBEN

Feuerwehrbuch Rezension: Einsatzstress von Michael Steil

So schön unser Hobby Feuerwehr ist, es kommt doch immer wieder zu Tragödien die teilweise ziemlich an die Nieren gehen. Das Zugunglück in Hordorf von heute Nacht zeigt auch, wie schnell und verheerend es uns treffen kann. Dann ist es um so wichtiger wenn man nicht nur ausbildungsmäßig sondern auch psychisch vorbereitet ist. Am Ende dieser Buchvorstellung stellt übrigens der Ecomed-Verlag wieder ein Buch für eine Verlosung zur Verfügung.

Zugegeben, als ich das Buch “Einsatzstress” bekommen haben, hielt sich meine Begeisterung erst mal in Grenzen. Zum einen konnte ich bisher ganz gut selbst mit kritischen Einsätzen umgehen, zum anderen wollte ich mich nicht intensiv mit so “Psychozeugs” beschäftigen. Damit ihr mich nicht falsch versteht, ich finde das Thema sehr wichtig, aber jeder hat halt seine persönlichen Schwerpunkte im Bereich der Feuerwehr und bei mir ists halt nicht unbedingt das Thema Stressbewältigung im Einsatz.

Als ich aber dann mit dem Lesen angefangen habe, wars dann ganz anders. Plötzlich fand ich es interessant zu verstehen wie Stress überhaupt entsteht, warum manche Dinge für uns als traumatisch empfunden werden und andere nicht. Und noch viel wichtiger, was kann man selbst und was die Feuerwehr tun, um solche seelischen Belastungen zu reduzieren. Bisher war für mich die psychische Betreuung eher auf ein Gespräch nach dem Einsatz reduziert, aber es steckt doch viel viel mehr dahinter.

Hinzu kommt, dass ich komischerweise in den letzten Monaten permanent mit dem Thema Suizid konfrontiert wurde (3-4 mal Zugverspätungen, einmal ein Suizid im weit entfernter Freundeskreis und zwei Einsätze mit dem Hintergrund Selbstmord), zudem bin ich über diese erschreckende Zahl im Internet gestolpert. Demnach haben sich nach dem Vietnamkrieg mehr Soldaten das Leben genommen (58.000) als im Krieg selbst gefallen sind. Das ist schon heftig, die größte Gefahr ist nicht von einer Kugel getroffen zu werden, sondern die Psyche.

Auch Einsätze mit mehreren Toten, können die Einsatzkräfte belasten (Bild: KFV Dachau)

Obwohl ich jetzt schon einige Jahre bei der Feuerwehr bin ist das ganze Thema ziemlich an mir vorbei gegangen und ganz ehrlich, habe ich die Gefahren auch gewaltig unterschätzt. Es geht jetzt auch nicht darum in Hysterie zu verfallen und bei jedem tödlichen Verkehrsunfall sich zu fragen ob noch alles ok ist und stundenlange Gespräche mit Kameraden zu führen, aber etwas Hintergrundwissen kann nicht schaden. Das hat sich wohl auch Michael Steil gedacht und sein Buch Einsatzstress über den Ecomed Verlag rausgebracht. Michael ist selbst Feuerwehrler, Rettungsassistent und Diplom-Theologe was schon mal eine tolle Mischung ist um einen tiefen Einblick in die verschiedenen Welten zu haben. Zudem ist er Vorstand im Netzwerk Psychosoziale Notfallversorgung.

Buchinhalt

Fragebögen helfen sich vorab mit bestimmten Themen auseinander zu setzten

Das Buch selbst ist in drei große Themenblöcke aufgeteilt. Zuerst gehts um die Grundlagen. Es wird erklärt wie Stress entsteht und welche Einflussfaktoren existieren. Dann wird darauf eingegangen welche verschiedenen zeitlichen Phasen es gibt. Hier findet sich wohl jeder von uns wiederin irgendeiner Form wieder, denn je nach Einsatz  und persönlicher Verfassung, reicht das von ein paar Erinnerungen die nur einige Tagen andauern (Akute Belastungsstörung) bis hin zu schweren Depressionen nach Monaten oder Jahren (Posttraumatische Belastungsstörung). Im Kapitel “Individueller Umgang mit belastenden Einsätzen” wird drauf eingegangen, wie jeder von uns selbst Vorsorgen betreiben und in akuten Phasen der Belastung handeln kann. Hier lernt man welche vielfältigen Bereiche Auswirkungen auf Einsatzstress haben die man nicht unmittelbar in Verbindung bringt, so z.B. Familie, berufliche Situationen oder auch die Fragen nach dem Lebenssinn. Durch konkrete Fragestellungen kann sich jeder schon mit gewissen Fragen beschäftigen die einem bei belastenden Einsätzen eine gewissen Grundstabilität geben. Für Feuerwehrführungskräfte ist dann insbesondere der Abschnitt “Unterstützung durch die Feuerwehr” relevant. Hier wird aufgezeigt wie man als Organisation helfen kann und mit welchen konkrete Handlungsvorschläge Kameraden bei belastenden Einsätzen unterstützt werden können um das Erlebte zu verarbeiten. Im letzten Kapital wird noch auf den Umgang mit Betroffenen eingegangen, da dies ja auch oftmals auf Einsatzkräfte zukommen kann.

Die wichtigsten Aussagen für mich

Was hat mir am Buch gefallen?

Schaubilder helfen die unterschiedlichen Phasen von Belastungsstörungen zu verstehen

Ich finde das Buch sehr praxisorientiert geschrieben. Es gibt zahlreiche Tipps wie man sich selbst auf belastende Einsätze vorbereiten kann und was die Feuerwehr als Prävention alles machen kann. Zudem hat man nach der Lektüre des Buches ein besseres Verständnis für das Thema Einsatzstress. Auch animiert Michael, sich mit sich selbst besser auseinander zu setzen. Man wird sich selbst bewusst welche Ereignisse einen aus der Bahn werfen können und kann sich damit im Vorhinein auseinander setzen. So habe ich mir beispielsweise eine Liste mit Einsätzen gemacht die ich für mich als kritisch ansehe. Ich kann mir jetzt schon mal gedanklich damit auseinander setzen und mich auch mit der Sinnfrage beschäftigen bevor es zu solchen Erlebnissen kommt.

Was könnte man am Buch ändern?

Die Einleitung (z.B. S. 12 und 13) war mir teilweise zu schwere Kost, da viel Fachbegriffe verwendet werden (psychische Fehlbeanspruchungsfolgen, psychosoziale Belastungsfolgen, Coping-Strategie, etc.). Wenn man diesen tieferen fachlichen Einstieg etwas später im Buch bringt, schreckt das nicht ganz so ab, v.a. wenn man wie ich neu ins Thema kommt.

Das Buch “Einsatzstress” gewinnen

Bei Verkehrsunfällen haben die Unfallopfer oftmals schlimme Verletzungen (Bild: KFV Dachau)

So und jetzt gibts vom Ecomed Verlag auch wieder ein kostenloses Exemplar für die Leser von feuerwehrleben.de. Wenn Ihr also an der Verlosung von “Einsatzstress” teilnehmen wollt müsst Ihr einfach einen Kommentar zu diesem Thema hinterlassen. Das können eigene Erfahrungen, interessante Konzepte aus Eurer Feuerwehr oder auch persönliche Tipps zur Bewältigung von belastenden Einsätzen sein. Ich freu mich über Euer Feedback. Nach 7 Tagen wähle ich dann am 06.02.2011 per Los aus allen Kommentaren unter diesem Beitrag den Glücklichen aus und schicke ihm ein nagelneues Buch zu. Bitte unbedingt eine gültige E-Mail Adresse angeben unter der ich Euch kontaktieren kann.

Sodala, der Sieger wurde ausgewählt. Gewonnen hat Johannes. Gratulation und viel Spaß beim Lesen!

Für das Buch von Michael Stein gibts von mir 5 Flo’s von 5 weil es meine Erwartungen bei weitem übertroffen hat.

Viel Spaß beim Lesen!

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