FEUERWEHRLEBEN

Gefahren im Feuerwehreinsatz Teil 2: Atemgifte

Die Gefahren von Atemgiften können vielfältig und vor allem heimtückisch sein. Nicht jedes Gas ist riechbar und noch Wenigere sind sichtbar. Atemgifte können leichter oder schwerer als Luft sein – während Kohlenmonooxid (CO) langsam aufsteigt, sammelt sich Schwefelwasserstoff (H2S) am Boden.

Die Wirkungen reichen von erstickend über ätzend und reizend bis zu Schädigungen von Blut, Nerven und Zellen.[1] Ich denke mal die Wirkung möchte keiner am eigenen Körper erfahren. Deswegen solltet ihr bei Gefahr auf Atemgifte stets mit umluftunabhängigem Atemschutz arbeiten. Kombinationsfilter reichen nicht aus, denn je nach Aufbau können nicht alle Stoffe entfernt werden und wenn kein Sauerstoff mehr da ist, hilft der Filter erst recht nicht. [2]

Das Thema Atemgifte ist sehr umfangreich, da es verschiedene Gase und Stoffe gibt, die jeweils verschiedene Eigenschaften und Risiken besitzen. Deswegen möchte ich im Folgenden nur auf die Gefahren durch Brandrauch eingehen.

Brandrauch ist sehr gefährlich, weil es verschiedene Atemgifte, wie Kohlenmonooxid oder Cyanid enthält.

Wie wir alle vor längerer oder kürzerer Zeit mal gelernt haben, ist Feuer eine Oxidationserscheinung. Das heißt Feuer braucht, neben brennbarem Material, Sauerstoff und gibt Energie in Form von Licht und Wärme ab. Außerdem ändert sich bei oxidierten Stoffen die chemische Zusammensetzung. Welche Gase dann dabei entstehen, hängt ganz davon ab, was gerade brennt. Besonders gefährlich sind für uns Kohlenstoffmonooxid und Cyanid (auch Blausäure oder Cyanwasserstoff genannt).

Cyanid ist noch 20 Mal tödlicher als CO, wobei das eigentlich keine Rolle spielt, denn tot ist tot.[3] Cyanid lagert sich an den „Kraftwerken“ der Zelle ab und verhindert, dass dort Energie erzeugt wird, weil der Sauerstoff im Blut nicht mehr verarbeitet werden kann. Der Prozess der Energieerzeugung wird auch Zellatmung genannt, weswegen man bei einer Cyanid-Vergiftung vom inneren Ersticken redet.

Symptome dafür können sein: Atemnot, Engegefühl in der Brust, rosige Hautfarbe, Kopfschmerzen, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit.

In Zürich wurden vor Kurzem Schnelltestgeräte entwickelt, mit denen der Rettungsdienst Cyanid-Vergiftungen sicher diagnostizieren kann.[4] Bisher wurde meist auf Verdacht behandelt.

Wir sollten uns auf jeden Fall noch einen dritten Bestandteil von Brandrauch angucken. Neben Cyanid und Kohlenstoffmonoxid müssen wir nämlich auch mit höheren Konzentrationen von Rußpartikeln rechnen. Nicht schlimm sagt ihr nun? Das stimmt nicht, denn der Ruß ist hochgradig krebserregend. Hier sollte sich jeder angesprochen fühlen, denn Gedanken wie „ich werde schon keinen Krebs bekommen“ sind fehl am Platz. Jedes Jahr erkranken in Deutschland fast eine halbe Million Menschen an Krebs![5] Wenn man genau überlegt, gibt es mit Sicherheit mindestens einen Bekannten, der eine Chemotherapie hinter sich hat oder an Krebs gestorben ist.

Dieses Gasmessgerät kann Kohlenmonooxid, Cyanid oder den Sauerstoffanteil in der Luft bestimmen.

Die Folgen einer Krebserkrankung möchte ich hier nicht näher erläutern, aber es ist allen klar, dass sie einen frühen Tod bedeuten kann und wenn ich hier nochmal die Worte eines meiner Ausbilder wiedergeben darf: „Tot ist tot“.

Nachdem ich euch jetzt lange genug Angst gemacht habe, komme ich zum eigentlichen Punkt: Als Feuerwehrleute sind wir regelmäßig Ruß ausgesetzt und sollten deswegen besonders auf passenden Schutz bestehen. Bei allen Brandeinsätzen sollte konsequent Atemschutz getragen werden, genau wie bei Nachlöscharbeiten. Selbst bei Kleinfeuern, wie Mülleimerbränden, können gefährliche Atemgifte entstehen. Das hängt zwar immer vom Brandgut ab, aber häufig kann man Abgaszusammensetzung schlecht erfassen.

Wer jetzt nach einem Innenangriff aus dem Feuer kommt und seinen Pressluftatmer absetzen will, muss daran denken, was alles an der PSA hängen bleibt. Es empfiehlt sich vor dem Absetzen der Maske die Überbekleidung grob zu reinigen – also Abklopfen oder mit einem Handbesen abbürsten. Danach ist die Ausrüstung aber trotzdem noch kontaminiert! Wenn ihr euch und die Kameraden, die nachher mit euch im Fahrzeug sitzen, schützen wollt, sollte die Einsatzkleidung am besten sofort ausgezogen werden. Die anschließende Reinigung führt dann eine Fachfirma aus.

 


[1] http://www.cyanidvergiftung.de/rauchgas.htm abgerufen am 26.8.2012 um 23:20 Uhr

[2] Hierbei noch ein kleiner Hinweis: Ich spreche zwar immer von Atemgiften, gemeint sind jedoch sowohl gasförmige Stoffe, als auch Partikel. Das ist wichtig, weil der Filter nach Definition erstmal nur Partikel entfernt. Die Entfernung von gasförmigen Atemgiften wird durch so genannte Adsorbentien geleistet. Das sind Stoffe, an deren Oberflächen sich die Gase anlagern können. Ein Beispiel ist Aktivkohle, die sich auch in den Kombinationsfiltern der Feuerwehr befindet. Das ändert aber immer noch nichts daran, dass diese Kombinationsfilter für den Brandeinsatz in der Regel ungeeignet sind. Diese Filter haben nur einen sehr begrenzten Einsatzbereich.

[3] Koschel MJ. Where there’s smoke, there may be cyanide. Am J Nurs. 2002 Aug

[4] http://www.retter.tv/de/beitrag.html?ereig=-Neuer-Schnelltest-rettet-Leben-Rasche-Hilfe-bei-Rauchgasvergiftungen-&ereignis=14642 abgerufen am 8.9.12 um 17:30 Uhr

[5] http://www.krebshilfe.de/krebszahlen.html abgerufen am 8.9.12 um 17:30 Uhr

Titelbild: citynewstv.de

Ein großes Dankeschön an meine Korrekturleser. Namentlich: Thorsten Bellon (Lagedienstführer BF Hamburg), Prof. Dr. Stefan Oppermann (stv. Leiter Institut für Notfallmedizin), Prof. Dr. Susanne Heise (Professorin für Biogefahrstoffe und Ökotoxikologie), Prof. Dr.Ing.  Bernd  Niemeyer  (Helmuth-Schmidt-Universität Hamburg) und Florian Fastner (Feuerwehrleben).

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