Die Feuerwehr-Schutzkleidung hat sich in Deutschland in den letzten Jahren extrem verbessert, Kritiker bemängeln allerdings, dass man durch den kompletten Schutz die Hitze im Brandraum unterschätzt. Sie sehen die Gefahr, dass es durch die Abschirmung der Umgebungstemperatur plötzlich zu einem Hitzedurchschlag kommen kann.
Wohl bei keinem anderen Thema sind die Lager so gespalten wie bei der Schutzkleidung. Da gibt es das Lager der “Wärmefenster”, die sagen, dass es wichtig ist mit teilweiser dünner Schutzkleidung die Umgebungstemperatur zu spüren. Auf der anderen Seite sind die “Kompletteinpacker” die den kompletten Körper des Feuerwehrmannes mit mehrlagige Schutzkleidung ausstatten um ihn bestmöglichst vor Flammen und Hitze zu schützen. Selbst hier im Blog wird in meinem Überhosen Beitrag sehr kontrovers über das Thema diskutiert.
Ich möchte jetzt mal meine eigenen Erfahrungen aus es den letzten Durchgängen im Brandcontainer darstellen, da ich zu den Anhängern der Gruppe “Kompletteinpacker” gehöre :-). Hier geht es mir vor allem um die Wahrnehmung der Temperatur im Brandraum.
Glücklicherweise bin ich in einer Feuerwehr wo das Thema Schutzkleidung und Ausbildung sehr groß geschrieben. So hatte ich die Chance in den letzten 18 Monaten drei Mal in holzbefeuerten Brandcontainer zu gehen. Zweimal bei Feurex Oberhausen und einmal in den Brandcontainer der Versicherungskammer Bayern. Zudem hatten wir auch immer Ausbilder die uns die Freiheit gaben an unsere Grenzen zu gehen. Genau das ist mir in so einem Brandcontainer wichtig. Ich möchte nicht nur ein paar schöne Flammen sehen sondern auch erleben wie weit ich mit meiner Schutzkleidung und meinem Körper gehen kann bis ich zurück muss. Nur dadurch bekomme ich Erfahrung und kann im Einsatzfall einschätzen wann ich in einen Bereich erreiche wo es kritisch wird. Nach diesen Durchgängen kann ich nun sehr gut einschätzen wo die Hitze zuerst durch die Schutzkleidung geht und wann es für mich so warm wird, dass ich mich frühzeitig zurückziehen muss.
Ist zu viel Schutz gefährlich?
Was ist aber nun mit dem Thema Überprotektion? Im Brandcontainer und Einsatz bin ich immer ziemlich gut eingepackt. Zum einen durch mehrlagige Schutzkleidung zudem kommt noch eine Brandschutzhaube und ein Hollandtuch dazu. Kritiker sind nun der Meinung, dass man dadurch die Hitze nicht mehr gut einschätzen kann. Dieser Erfahrung habe ich aber nicht gemacht. Je nach Körperhaltung hat man auch bei merhlagiger Schutzkleidung einen Bereich wo die Hitze als erstes durchkommt. Bei mir waren das in der Regel die Oberschenkel weil dort nur ein geringes Luftpolster vorhanden war (gespannte Überhose) und die Beine die kürzeste Entfernung zum Feuer hatten. Wenn es dort warm geworden ist bin ich zurück gegangen, habe mich etwas abgekühlt und dann ging es wieder nach vorne. Trotzdem merkt man, dass man sich immer mehr aufheizt und die Phasen um nach vorne zu gehen immer kürzer werden. Irgendwann zieht man sich auch ans Ende des Containers zurück um einen möglichst großen Abstand zum Feuer zu haben. Den gefürchteten plötzlichen Hitzedurchschlag habe ich so aber nie erlebt sondern ich hatte immer genug Zeit um frühzeitig in einen kühleren Bereich des Brandcontainers zu gehen. Nach knapp 35 Minuten ist man aber selbst soweit aufgeheizt, dass man den Raum verlassen muss weil man es in der heißen Umgebung einfach nicht mehr schafft sich weiter abzukühlen.
Ohne Ausbildung geht es nicht
Wenn man seine Schutzkleidung allerdings falsch nutzt kann es sicherlich zu einem plötzliche Hitzedurschlag der Flammschutzkleidung kommen. Da sind wir auch schon beim nächsten Punkt, die Ausbildung. Wenn ich meine Feuerwehrleute nur die Schutzkleidung an den Spind hänge, und sie fröhlich in den Brandeinsatz schicke, ist die Gefahr groß dass dort etwas passiert. Denn man kann die neue Kleidung im Innenangriff nicht richtig einschätzen und läuft dann die Gefahr, dass man die Außentemperatur im Innenangriff unterschätzt. Mit einer soliden Ausbildung und vor allem Praxiserfahrung im Brandcontainer kann man dem aber vorbeugen. Oftmals ist ja auch garnicht die Feuerwehrschutzkleidung selbst das Problem sondern der falsche Umgang damit.
Der letzte Kritikpunkt der Wärmefenster Vertreter ist das Argument, dass die Einsatzkleidung dazu dient näher an das Feuer zu gehen. Dies ist aber falsch. Die mehrlagige Brandschutzkleidung dient dazu im Falle einer Durchzündung den Körper des Feuerwehrangehörigen für einige Sekunden vor den Flammen zu schützen. Daher macht es auch wenig Sinn teilweise nur dünne Schutzkleidung zu verwenden, da ein potentieller Flash-Over den ganzen Körper erwischen kann.
Aus dem was ich die letzten Jahre an Unfallberichten und Beiträgen gelesen habe und aus meinen eigenen Erfahrungen heraus bin ich für mich zu der Überzeugung gekommen, dass mehrlagige Schutzkleidung den Innenangriff sicherer macht und mich im Extremfall vor schweren Verbrennungen schützt. Nun würde mich Eure Meinung und vor allem Eure persönliche Erfahrungsberichte interessieren. Hattet Ihr schon mal den Fall, dass plötzlich die Hitze durch die Schutzkleidung gegangen ist, weil ihr die Temperatur unterschätzt habt?
Vielen Dank auch an den Kreisfeuerwehrverband Dachau für die Bilder.