Schon in der Jugendfeuerwehr wird einem eingetrichtert wie die Schutzkleidung eines Feuerwehrmannes auszusehen hat: Helm mit Nackenleder, Handschuhe, Schutzanzug und so weiter. Besonders Führungskräfte sollte sich aber Gedanken machen ob es mit vollständiger Schutzkleidung allein getan ist, denn die Kleidung sollte immer auch an die wirklich vorhandenen Gefahren angepasst werden. Andernfalls gefährdet man sonst mehr als man schützt.
Grundsätzlich ist das ja gut dass jeder auswendig die Einsatzkleidung eines Feuerwehrangehörigen aufzählen kann. Denn wenn man irgendwann bei den aktiven Einheiten rumhüpft soll ja auch jeder Feuerwehrler wissen was man alles so anzuziehen hat. Blöderweise wird das aber so vehement gelehrt, dass viele Führungskräfte auch an diesem Mantra festhalten. Das heißt im Einsatz: Egal welche Lage, Hauptsache die Einsatzkräfte haben vollständige Schutzkleidung an. Oft hat man das Gefühl, dass es hier weniger um den Schutz der Kameraden geht, sondern eher darum, es so zu machen, wie man es schon immer gemacht hat.
Hierbei schießen Gruppenführer & Co. aber nicht nur am Ziel vorbei, sondern, und das ist viel schlimmer, gefährden die eigenen Einsatzkräfte. Ein Einheitsführer hat nämlich die Aufgabe erstmal zu schauen was es überhaupt für Gefahren gibt und ggf. darauf zu reagieren. Bei den einsatzbezogenen Risiken klappt das ja auch dank dem AAAACEEEE Schema ganz gut, allerdings hört es dann meistens auch schon wieder auf.
Weniger ist mehr
Uns allen ist noch der Supersommer während der WM im Kopf (auch wenn das derzeitige Wetter ihn schnell wieder vergessen lässt). Das Thermometer kletterte immer höher was den Einsätzen aber ziemlich egal ist, denn wir müssen trotzdem raus. Auch ich durfte den einen oder anderen Atemschutzeinsatz mitmachen. Obwohl es ausschließlich Bagetelleinsätze bzw. Fehlalarme waren haben die paar Minuten in kompletter Flammschutzkleidung schon ziemlich strapaziert. Nach dem Atemschutzeinsatz hieß es auch erstmal Jacke und Helm runter.
Ähnlich ist es auch beim Ölspurkehren bzw. als Maschinist am Fahrzeug. Die Gefahr einer Stichflamme geht nahezu gegen Null, warum muss man dann in mehrlagiger Schutzkleidung am Arbeiten sein? Die viel größere Gefahr ist hier, dass mir die Einsatzkräfte aufgrund des Hitzestaus zusammen klappen. Als Einheitsführer muss ich somit hier gegen die größere Gefahr Hitezschlag etwas machen. In diesem Fall einfach Jacke und Helm ausziehen lassen und die € 3,- Warnwesten anziehen.
Mehr ist manchmal auch mehr
Nicht nur heiße Sommertage können die Gesundheit gefährden sondern auch kalte Winter. Im südlichen Deutschland gibts auch mal minus 20 Grad und wenn dann noch Schneeregen dazu kommt siehts mit einlagiger Schutzkleidung ziemlich düster aus. Auch hier kann es Sinn machen mehrlagige Schutzkleidung beim Verkehrsunfall oder beim Absperren der Straße anzuziehen. Zwar gibt es auch hier keine Gefahr einer Stichflamme, allerdings helfen die isolierenden Eigenschaften der Einsatzkleidung auch die Kälte am Körper zu reduzieren. Zudem beinhaltet mehrlagige Schutzkleidung auch eine Nässeschutzmembran.
In jeder Einsatzphase überlegen ob die Schutzkleidung noch passt
Der Gruppen-, bzw. Einheitsführer ist daher gefordert und sollte sich in jeder Einsatzphase Gedanken machen ob die Schutzkleidung passt und den aktuellen Gefahren entspricht:
Phase 1: Anfahrt
Bei unklaren Lagen lieber erstmal zuviel als zu wenig. Wichtig ist hier, dass man schon vorsorgt wenn man vorsorgen kann. Wir haben beispielsweise bei uns immer Getränke im Mannschaftsraum und bei entsprechenden Temperaturen und Alarmstichwörtern wird auch schon auf der Anfahrt getrunken. Auch kann es Sinn machen die vollständige Schutzkleidung erst nach Eintreffen an der Einsatzstelle anzuziehen. 20 Minuten Anfahrt in mehrlagiger Einsatzkleidung ist für die Feuerwehrkräfte auch nicht gerade ersholsam.
Phase 2: Akute / Unklare Lage
Hier bin auch der Meinung, dass man bei unklaren Lagen erstmal eher mehr als weniger ausgerüstet ist. Auch wenn es nur der Kochtopf oder die Brandmeldeanlage ist, der Angriffstrupp sollte schon komplett für den Innenangriff vorbereitet sein um möglichst schnell einzugreifen.
Phase 3: Stabilisierung
Das ist meines Erachtens die wichtigsten Phase um die Einsatzkleidung zu überdenken. Ist die akute Phase vorbei und die Lage übersichtlich kann ich auch beginnen die Mannschaft entsprechend den Einsatzbereichen schutzkleidungstechnisch anzupassen. Alle die nicht im unmittelbaren Gefahrenbereich sind können dann beispielsweise bis auf die Hose abrüsten. Auch kann man überlegen ob bei Nachlöscharbeiten auf einem Feld wirklich die komplette Überbekleidung notwendig ist, die normalerweise für den Innenangriff vorgesehen ist.
Das Ganze hat auch nichts mit Weichei Gehabe zu tun, sondern sollte in einer modernen Feuerwehr Standard sein. Ziel einer jeden Führungskraft muss es sein, eigenes Personal möglichst schonend einzusetzen. Das bringt nicht nur etwas für die Gesundheit der Betroffenen sondern bietet dem Einheitsführer auch Feuerwehrkräfte die länger einsetzbar und stärker belastbar sind.
Ich habe jetzt vorzugsweise die Führungskräften angepsrochen aber Kopf einschalten gilt natürlich auch für die Mannschaft. Das heißt, nicht arbeiten bis man umfällt, sondern dem Gruppenführer auch mal Rückmeldung geben, dass Marscherleichterung Sinn machen würde.
Wie siehts bei Euch aus? Wird immer in voller Montur gearbeitet oder passt man sich den jeweiligen Einsätzen und Wetterlagen an?