Jeder Mensch reagiert unter Stress anders als im Normalzustand. Da macht man dann manchmal Sachen die offensichtlich bescheuert sind. Die Frage ist nun, was kann man dagegen tun?
Wie bekloppt kann man eigentlich sein? Habt Ihr Euch auch schon mal diese Frage gestellt weil ihr im Einsatz etwas total Komisches gemacht habt, was im Nachhinein überhaupt keinen Sinn macht und offensichtlich falsch war? Das kommt vor und ehrlich gesagt finde ich solche Phänomene sehr interessant. Vor allem wenn man sich damit beschäftigt. Wir Menschen sind sehr unterschiedlich, viele Dinge machen wir aber gleich und vor allem auch gleich falsch. Letztes Jahr habe ich zwei interessante Vorträge zum Thema Stress eim Einsatz angehört. Da ging es jetzt weniger um die psychische Belastung nach dem Einsatz sondern um die Belastung während des Einsatzes selbst. Da machen wir Einsatzkräfte manchmal Dinge die total bescheuert sind, weil wir mal mehr mal weniger unter Stress stehen. Dies kann lediglich ärgerlich sein oder im Extremfall gefährlich. Daher ist es wichtig sicht mit solchen Dingen auseinanderzusetzen und auch sich selbst ein wenig besser kennen zu lernen.
Wohnungsöffnung im dritten Stock
Stellt Euch einfach vor Ihr werdet nachts um drei mit dem Stichwort “Akute Türöffnung” alarmiert. Das HLF mit dem Türöffnungswerkzeug ist schon raus und Ihr tingelt mit der Drehleiter entspannt und etwas müde hinterher. Viel Tun müsst Ihr wahrscheinlich als zweites Fahrzeug sowieso nicht. Die Adresse ist nicht ganz klar und Zack Bum, steht ihr schon neben dem Polizeifahrzeug an der Einsatzstelle. Vom Erstangreifer weit und breit nichts zu sehen weil die von der anderen Seite in die Straße eingefahren sind, Bingo. Ihr marschiert zum Polizisten und der zeigt auf ein offenes Fenster im dritten Obergeschoss: “Servus, bei der Wohnung da oben müsst ihr die Türe öffnen, der Kollege ist schon oben”. Ah wunderbar, da kommt ja auch schon das HLF um die Ecke und wir können loslegen. Was macht Ihr nun?
a) mit der Drehleiter übers Fenster in die Wohnung
b) Die Türe aufbrechen
Klar sagt nun jeder a, Sonntags ganz entspannt vor dem Computer. Aber mitten in der Nacht ist es durchaus denkbar dass Ihr Euch aus irgendwelchen Gründen für b entscheidet. Weil offensichtliche Dinge manchmal einfach nicht wahrgenommen werden und Ihr ein ganz anderes Bild im Kopf habt. Obwohl es offensichtlich ist, dass das Fenster geöffnet ist und sogar der Polizist darauf hinweist, ist in Eurer Wahrnehmung irgendwas schief gelaufen. Ihr wurdet blitzschnell aus der Entspannungssituation gerissen (ups, jetzt bin ich ja das erste Fahrzeug) und habt das offene Fenster einfach nicht wahrgenommen. Blöde Sache kommt aber einfach vor.
Die Frage ist, was kann man so etwas verhindern?
Die Feuerwehr gibts ja nicht erst seit gestern und wir haben schon länger Maßnahmen solche Fehler verhinden sollen. Ein Beispiel: Einsatzbefehle wiederholen. Das macht man nicht nur weil die Gruppenführer im Einsatz so nuscheln, sondern damit beide nochmal checken, ist denn überhaupt das Richtige angekommen und verstanden worden. Das gleiche am Funk, die Einsatzadresse wiederholen dient nicht nur dazu die Jungs und Mädels in der Leitstelle zu beschäftigen sondern um sicherstellen ob man auch richtig fährt. Was kann man aber darüber hinaus noch machen?
“Ich öffne jetzt die Türe”
Wir haben gesehen, dass wir in bestimmten Situationen Dinge machen die nicht immer rationell nachvollziehbar sind. Da kann es helfen wenn man jemanden hat der mitdenkt. Vorausgesetzt er weiß was Ihr macht. Daher kann es sinnvoll sein wichtige Dinge laut zu sprechen damit das Team mitbekommt was passiert und notfalls eingreifen kann. Besonders im Atemschutzeinsatz bei Nullsicht ist das wichtig. “Wir sind jetzt im ersten Stock angekommen und gehen nach links”. Der Truppkollege weiß was Ihr vorhabt und kann gegebenenfalls Feedback geben: Sind wir wirklich im ersten Stock? Hat der Gruppenführer nicht gesagt wir sollen rechts herum gehen? Eine weitere Möglichkeit “Ich öffne jetzt die Tür”. Dann kann der Truppkollege nochmal nachfragen: Hast Du den Temperaturcheck gemach? Ich selbst habe nicht nur einmal erlebt, dass man mit redefaulen Truppkollegen durch das Haus marschiert und gar nicht so richtig weiß was der eigentlich macht und vor hat. Ich habs dann erst immer gemerkt als es schon zu spät war. Da war die Tür dann schon ohne Kontrolle und stehend geöffnet, danke fürs Gespräch.
Der zweite Mann
Eine weitere Möglichkeit: Man holt sich einen zweiten Mann zur Seite der mitkontrolliert. Das kann jetzt natürlich nicht jeder machen, aber als Führungskraft kann man sich das überlegen. Beispielsweise krallt man sich den Melder oder holt sich einen Schreiberling an die Seite der mit einem Ohr am Funk ist, das wichtigste notiert und so noch aufpasst was der Einsatzleiter so alles treibt. Mir ist selbst aufgefallen, dass man Einsätze als Beobachter ganz anders wahrnimmt wie wenn man selbst am Arbeiten oder Führen ist. Im US Feuerwehrsystem gibts hierfür übrigens die Position des Safety. Er achtet lediglich drauf dass alle Sicherheitsvorschriften eingehalten werden und soll eingreifen wenn dem Einsatzleiter oder den Trupps selbst etwas durch die Lappen geht was gefährlich ist.
Nun die Frage in die Runde, ist es Euch selbst mal so gegangen, dass Ihr im Einsatz etwas total bescheuertes gemacht habt? Wenn ja, welche Dinge habt Ihr gemacht damit man solche Fehler möglichst unterbindet?