Immer wieder liest man von Streiterein zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Brandschützern. Doch woran liegt das eigentlich und was kann man dagegen tun?
Wenn man etwas durchs Internet stöbert, stolpert man oft über das Thema Haupt- und Ehrenamt in der Feuerwehr. Hier mal eine kleine Auswahl an Schlagzeilen und Diskussionen der letzten Zeit:
- Aufstand bei der Feuerwehr (Göppingen)
- Kein Platz für Machtgerangel (Pfeddersheim)
- FF räumt Dach von BF Wache
- Problemfall Daumann alarmiert Stadtrat (Neu-Ulm)
- Protest gegen Berufsfeuerwehr (Herten)
Oha, scheint so, als ob teilweise richtige Kriege entbrennen und hier ist natürlich die Frage berechtigt nach dem Warum. Eins aber vorweg, ich bin aus tiefer Überzeugung ein teamorientierter Mensch. Ich habe schon mit Gruppen zusammengearbeitet die sich bekriegt haben und dadurch Projekte gegen die Wand gefahren haben. Genauso aber auch mit echten Teams gearbeitet, die Hand in Hand zusammen hielten und richtig geile Sache bewegt haben. Aus meiner Sicht wird man als Feuerwehr niemals zu den Besten gehören, wenn man nicht ein perfektes Team ist! Fehler macht nämlich jeder, aber in einem guten Team ergänzt man sich so, dass diese nicht ins Gewicht fallen und dadurch hat man viel schneller und größeren Erfolg.
Es ist verdammt schwierig
Die schlechte Nachricht aber zuerst, das ewige Hauptamt- / Ehrenamt-Gezanke ist normal. Das heißt nicht, dass es gut ist, aber wir Menschen haben oftmals ähnliche Muster die man schön Voraussagen kann. Aus dem Grund schauen wir uns mal unabhängig von der Feuerwehr das Thema Gruppenbildung an, denn letztendlich liegt da bei einer Feuerwehr genau das Problem. Auf der einen Seite gibts die Gruppe Hauptamt und auf der anderen Seite die Gruppe Freiwillige Feuerwehr.
Nach einem Skript der Universität Köln, gibt es Voraussetzungen die eine Gruppenbildung positiv wie negativ beeinflussen können. Das sind:
- Gemeinsame Ziele (“Wir sind zusammen weil wir etwas erreichen wollen”)
- Räumliche und zeitliche Nähe mit Möglichkeiten zu gemeinsamen Aktivitäten (“Wir machen viel miteinander”)
- Gruppenerfahrene Personen (“Wir haben alte Hasen mit Teamerfahrung in der Gruppe”)
- Hoher Nutzen der Gruppe (“Die Gruppe bringt uns alle besser voran”)
- Attraktivität der Gruppe (“Ich möchte dazu gehören”)
- Ähnlichkeiten innerhalb der Gruppe (“Wir haben viele Gemeinsamkeiten”)
Um das Ganze etwas praxisorientierter darzustellen möchte ich diese Faktoren mal auf eine große Berufsfeuerwehr umlegen. Punkt drei lasse ich hier weg, da dieser Faktor erstmal von einzelnen Personen und nicht von einer Gruppe abhängig ist.
Die Punktevergabe ist von mir und soll verdeutlichen wie die Bildung eines gemeinsamen Teams nach unten immer schwieriger wird und somit auch weniger Punkte heraus kommen. Die bestenVoraussetzungen für ein tolles Team hat die Wachschicht einer Berufsfeuerwehr, da es hier die besten positiven Einflussfaktoren für ein starkes Team gibt. Die Feuerwehrleute verfolgen in der Wachschicht gleiche Ziele (1), haben viel miteinander zu tun (2) und können Dinge nur durch die gesamte Gruppe erreichen (4). Man ist oftmals Stolz auf seine Schicht (5) und hatte viele Gemeinsamkeiten (6). Im krassen Gegensatz hierzu, die Gesamtfeuerwehr mit hauptamtlichen und ehrenamtlichen Feuerwehrkräften am unteren Ende der Skala. Man verfolgt wenig gemeinsame
Ziele (1), hat getrennte Räumlichkeiten und trifft sich selten (2), kann scheinbar auf den anderen verzichten (4), hat wenig Interesse mit dem Gegenüber in einen Topf geworfen zu werden (5) und auch die Ähnlichkeit was Ausbildung und Kleidung angeht ist sehr gering (6).
Darüber hinaus sieht man in dieser Tabelle, dass das Gruppenproblem erstmal kein hauptamt- bzw. ehrenamtsspezifisches Problem ist, sondern in allen Bereichen der Feuerwehr auftreten kann. So kenne ich auch Streitereien zwischen einzelnen Berufsfeuerwehrwachen einer Stadt. Allerdings wird leicht sichtbar, dass es die größte Herausforderung ist, aus Berufskräften und Ehrenamtsrettern ein starkes Team zu bilden.
So genug gejammert, überlegen wir uns Maßnahmen wie wir das hinbekommen können:
1) Gemeinsame Ziele für alle
Ja, da fangen wir gleich mal mit dem schwierigsten Thema an. Klar, wir alle wollen Menschen helfen aber gibt es nicht oftmals verdeckt ganz andere Themen die man verfolgt? Da möchte man nicht mehr Hauptamtliche haben weil die einem die Einsätze wegnehmen oder man hält die FF klein, um möglichst viel Macht im Hauptamt zu haben. Hier sollten sich die Verantwortlichen an einen Tisch setzen und gemeinsam überlegen wo man hin möchte und dann realistische Ziele ableiten. Wenn auch nicht politisch korrekt, können hier gemeinsame Feindbilder helfen, gleiche Ziele zu verfolgen. Das können bevorstehende Sparmaßnahmen der bösen Politiker sein oder auch die schlimme Privatfeuerwehr, die in die Stadt drückt.
2) Räumliche und zeitliche Nähe
Reißt Gerätehäuser und Wände nieder und vereinigt Euch! Warum muss das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr 500 Meter neben der Berufsfeuerwehr gebaut werden? Warum gibt es keine gemeinsame Fahrzeughalle und Aufenthaltsräume? So würde man sich viel öfters über den Weg laufen, kommt ins Gespräch, geht gemeinsam rauchen und merkt, dass der andere doch nicht so doof ist wie man immer gedacht hat.
3) Gruppenerfahrene Personen
Das ist im Hauptamt einfacher zu steuern, denn hier kann man bei der Stellenbesetzung explizit nach Bewerbern mit hoher Sozialkompetenz suchen. Bei einigen Jobausschreibungen von Feuerwehren habe ich daher schon gesehen, dass Führungskräfte mit “Hoher Sozialkompetenz insbesondere auch beim Umgang mit ehrenamtlichen Helfern” gesucht werden. Bei der Freiwilligen Feuerwehr ist das schon schwieriger, aber auch hier sollte die Mannschaft bzw. die Führung darauf achten, dass in Schlüsselpositionen Personen mit hoher Sozialkompetenz vorhanden sind.
4) Nutzen der Gruppe
Sowohl Hauptamt wie auch Ehrenamt sollen sich überlegen, was sie in das gemeinsame Team einbringen. So können die hauptamtlichen Kräfte die Freiwilligen bei Verwaltungsaufgaben entlasten, Interessante Übungen vorbereiten und umfangreiches Wissen vermitteln. Die Ehrenamtlichen, können dafür sorgen, dass die Einsatzbelastung für die Hauptamtlichen in Spitzenzeiten abgefangen wird, dass das politische Gewicht durch viele Mitglieder stärker wird, es eine zuverlässige Rückfallebene gibt oder auch mit Know How unterstützt wird, dass bei Berufsfeuerwehren wenig vertreten ist (Marketingfachleute, Controller, Schlüsseldienst, Arzt, Landwirt, etc.). Allerdings muss man das dem gemeinsamen Team erstmal bewußt machen, um deutlich zu machen, was man am anderen hat.
5) Attraktivität der Gruppe
Hier haben die hauptamtlichen Kollegen einen Vorteil, da sie als Berufsfeuerwehrleute grundsätzlich schon mal ein hohes Ansehen haben. Im ehrenamtlichen Bereich gilt es hier erstmal ein professionelles Auftreten zu gewährleisten und durch Kompetenz auf sich aufmerksam zu machen. Die hauptamtlichen Kräfte sollten stolz auf ihre Freiwillige Feuerwehr sein und sich nicht schämen das gleiche Rückenschild zu tragen. Wichtig ist zudem auch ein positives Umfeld zu schaffen wo neue Mitglieder, egal ob hauptamtlich oder ehrenamtlich, willkommen sind.
6) Ähnlichkeiten
Das fängt bei der Kleidung an und hört bei der Ausbildung auf. Warum muss die Einsatzkleidung von Berufsfeuerwehr und Freiwilliger Feuerwehr unterschiedlich sein? Warum gibt es keine gemeinsamen Poloshirts? Warum steht auf dem Rückenschild Berufs- bzw. Freiwillige Feuerwehr?
Schwieriger wirds aber bei der Ausbildung, weil die hauptamtlichen Kräfte hier viel mehr Zeit investieren können. Trotzdem müssen auch die ehrenamtlichen Kräfte in bestimmten Bereichen ein ähnlich hohes Ausbildungsniveau aufbauen. Das geht durch Eigenstudium, fundierte Ausbildung und anspruchsvolle Einsatzübungen zusammen mit den hauptamtlichen Kräften.
Mit diesen Punkte habe ich Euch hoffentlich bewußt gemacht, dass zu einem erfolgreichen Team mehr gehört als sich gegenseitig zu dulden. Auch muss klar sein, dass ein Teambildungsprozess über Jahre dauern kann, v.a. wenn die Gruppe groß ist.
Wäre spitze wenn Ihr zum Schluss noch diesen Fragebogen mit acht Kreuzchenfragen ausfüllt, damit ich mal ein Gefühl bekomme wie hoch die Bereitschaft für bestimmte Themen ist.